Manfred Arens

1EDV
Die 1-Euro-Datenverarbeitung


eine arbeitsmarktpolitisch-mathematische Performance mit David Arens, Manfred Arens und Stefan Jakobs, aufgeführt während der Helmstedter Kulturnacht am 12. September 2009





"Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Bitte treten Sie näher. Sehen Sie gleich eine einmalige wirtschaftspolitische Weltsensation, zum ersten Mal hier und heute an dieser Stelle. Treten Sie näher!

Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Ich begrüße Sie und ganz besonders auch die Vertreter der heimischen Wirtschaft zu `1EDV - Die 1-Euro-Datenverarbeitung´, einer arbeitsmarktpolitisch-mathematischen Performance von Manfred Arens in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Naumann-Stiftung und dem Forschungsinstitut der deutschen Mittelstandsvereinigung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Angesichts der aktuellen wirtschaftpolitischen Situation stellt sich immer dringender die Frage: Ist es in Zeiten von Niedriglöhnen und außertariflicher Bezahlung überhaupt noch sinnvoll, qualifiziertes Personal durch Systeme der Informationstechnologie zu ersetzen, zumal Personalkosten seit Jahren sinken, die Preise für Computer aber nahezu stabil geblieben sind? Wir sagen `Nein!´ und gehen sogar noch einen Schritt weiter: Wir möchten Ihnen und den anwesenden Vertretern der Wirtschaft hier und heute mit einer von uns vorbereiteten Demonstration zeigen, dass es, auch rein unter monitären Gesichtspunkten, lohnend sein kann, die bisherige Entwicklung umzudrehen und einen Computer durch zwei Mitarbeiter, besser gesagt durch zwei 1-Euro-Kräfte, zu ersetzen, wobei die Vorteile für die Umwelt und die Arbeitsmarktstatistik noch gar nicht in unsere Überlegungen mit einbezogen worden sind.

Die Anschaffung eines Personalcomputers mit Bildschirm liegt bei, sagen wir einmal, etwa 800,- Euro. Für dieses Geld können zwei 1-Euro-Kräfte 400 Stunden lang die Arbeit dieses Computers übernehmen.

400 Stunden, das klingt zunächst nicht nach sehr viel, aber bedenken Sie, dass bei den meisten Computern nach dieser Zeit bereits die erste Festplatte ausgewechselt werden musste bzw. andere Reparaturkosten angefallen sind. Demgegenüber benötigen unsere beiden 1-Euro-Kräfte weder Strom, noch fallen Reparatur- oder Entsorgungskosten an. Als organische Systeme sind sie selbstreparierend, darüber hinausgehende Kosten werden von den allgemeinen Ortskrankenkassen übernommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Erlauben Sie mir noch einige technische Hinweise zu unserer Demonstration: Was Sie hier sehen bzw. gleich sehen werden, ist eine sogenannte Turing-Maschine, ein voll funktionsfähiger Computer bzw. das mathematische Modell eines solchen Computers, mit dem, wie Sie gleich sehen werden, u.a. auch Berechnungen ausgeführt werden können. Der junge Mann hier im Vordergrund repräsentiert nicht nur einen unserer beiden 1-Euro-Kräfte, sondern auch den Schreib-Lesekopf unseres Computers, während der Boden vor ihm als Arbeitsspeicher dient. Der andere Herr dort drüben auf dem Hochstuhl stellt demgegenüber die Steuereinheit dar, die das Programm ausliest und dem Schreib-Lesekopf die entsprechenden Programmbefehle übermittelt. Das Programm, bzw. zwei Programme, sehen Sie dort im Hintergrund. Als Programmiersprache wurde der Beatles-Song `Hello Goodbye´ verwendet. Sie erinnern sich:

I say high, you say low
You say yes, I say no
You say stop and I say go go go

Auf dem Boden liegend sehen Sie mehrere Markierungen in Form gelber Kunststoffquadrate in Reihe liegend, gelegentlich von Leerplätzen unterbrochen. Sie bilden den Inhalt des Arbeitsspeichers. Beim Befehl `high´ bewegt sich der Schreib-Lesekopf um eine Markierung von Ihnen aus gesehen nach links, bei `low´ um eine Markierung nach rechts. Beim Befehl `yes´ wird eine Markierung ausgelegt, beim Befehl `no´ eine Markierung aufgehoben. Beim Befehl `go´ wird der Zustand der Maschine, den Sie auf der Anzeige, die der Schreib-Lesekopf vor seiner Brust trägt, und der beim Start `1´ ist, um 1 erhöht, bei `stop´ endet die Berechnung. Je nach Zustand der Maschine `1´, `2´ oder `3´ wird die 1., 2. oder 3. Zeile des entsprechenden Programms verarbeitet, je nachdem, ob der Schreib-Lesekopf vor einer Markierung oder einem leeren Feld steht, die 1. oder 2. Spalte.




Das Turing-Programm für die Subtraktion



Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Bevor der Computer nun mit der ersten Berechnung beginnt, darf ich Sie zunächst bitten, mir eine beliebige Additionsaufgabe zu nennen, die dann von unserem hier vorgestellten Computer anhand des ersten Programms gelöst wird."


Aus dem Publikum wird eine Addition vorgeschlagen, der Schreib-Lesekopf legt die beiden genannten Zahlen in Form von zwei hintereinanderliegenden Folgen gelber Kunststoffplatten aus und die Turing-Maschine berechnet danach die gestellte Aufgabe.


"Meine sehr geehrten Damen und Herren bzw. meine sehr geehrten Herren und Damen!

Wie Sie anhand der Markierungen auf dem Boden sehen können, wurde die Aufgabe richtig gelöst, Wir wollen es nun etwas komplizierter machen und ich möchte Sie daher diesmal um eine Subtraktion bitten."


Auch diese vom Publikum vorgeschlagene Aufgabe wird von der Turing-Maschine gelöst.


"Und schon wieder ist das Ergebnis richtig. Sie haben also anhand dieser beiden Berechnungen sehen können, dass unsere beiden 1-Euro-Kräfte einen Computer vollwertig ersetzt haben. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und möchte die anwesenden Wirtschaftsvertreter noch zu einem informellen Informationsgespräch zu uns nach vorne bitten."



Reaktion des Publikums

Wir hatten, um ehrlich zu sein, damit gerechnet, dass nur sehr wenige Zuschauer stehen bleiben würden und ein großer Teil von ihnen im Laufe der Performance gelangweilt, verwirrt, erbost oder protestierend weggehen würden. Während der Aufführung schauten jedoch wider Erwarten ca. 40 Leute zu (von denen erstaunlicherweise auch niemand gegangen ist), darunter etwa 15 Kinder, die nach Ende der Vorstellung trotz des eigentlich sehr abstrakten Ablaufs begeistert fragten, ob wir denn noch einmal auftreten würden. Andere Zuschauer sprachen uns nach der Aufführung interessiert an. Wir befürchten jedoch, dass ein großer Teil des Erfolges auf die szenisch-visuelle (Verkleidung) und mediale (Geräuscheinspielung) Aufbereitung des eigentlich mathematischen Inhaltes zurückzuführen ist.



Weitere Aufführungen:

15.08.2010: Tag der offenen Tür, "kunstwirkstoff", Jerxheim

28.08.2010: Kulturnacht, Braunschweig
(2 Aufführungen mit jeweils ca. 100 - 120 Zuschauern)



Download der Turing-Programme als doc-file:

inkrementierung.doc
dekrementierung.doc
addition.doc
subtraktion.doc


Beim Einzug ...




... auf den Marktplatz




Eine kurze ...




... Pause




Letzte Vorbesprechungen




Die Turing-Maschine ...



... arbeitet




...und Schluss